Ehemann Nándor Borostyáni, Redakteur des "Pesti Hírlap" (Pester Journal) Aus: Az 50 éves Pesti Hírlap ubileumi albuma, 1878-1928. Budapest: Légrády 1928, S. 58
Ehemann Nándor Borostyáni, Redakteur des "Pesti Hírlap" (Pester Journal) Aus: Az 50 éves Pesti Hírlap ubileumi albuma, 1878-1928. Budapest: Légrády 1928, S. 58Klicken um Bild zu vergrößern
Wilhelmine von Troll, genannt Minna, F.K. Strezek, Wien 1865, Salzburg Museum
Wilhelmine von Troll, genannt Minna, F.K. Strezek, Wien 1865, Salzburg MuseumKlicken um Bild zu vergrößern

Plädoyer für die Gleichstellung der Geschlechter

  

Ich sehe es durchaus nicht ein, warum man die Bestimmung des Weibes darin sieht, daß es heirate und Kinder gebäre, während man es dem Mann nicht zur Pflicht macht, eine Familie zu gründen und Kinder zu erzeugen. Es ist geradezu ein lächerlicher Nonsens, die Fortpflanzung des Menschengeschlechts mehr für den Beruf des Weibes als für jenen des Mannes zu halten, da hierzu doch ebenso die Tätigkeit des einen wie des anderen erforderlich ist.
Aus: Die Mission unseres Jahrhunderts

Irma von Troll ging mit 23 Jahren nach Wien, nahm Schauspiel- und Klavierunterricht, wurde aber schließlich aus familiären Rücksichten Musiklehrerin in Ungarn. In Budapest, wo sie drei Jahre später mit Musikunterricht und literarischer Arbeit ihren Erwerb sichern konnte, lernte sie den Schriftsteller und Journalisten Nándor Borostyáni (1848–1902) kennen, der ihre Ansichten in der Frauenfrage unterstützte und den sie 1875 heiratete. Nach ihrer Rückkehr 1882 nach Salzburg wurde die Beziehung bis zu Nándors Tod in Briefen aufrechterhalten. Irma lebte mit ihrer unverheirateten Schwester Wilhelmine (1841–1917), die als Erzieherin in Russland gearbeitet hatte, in einem gemeinsamen Haushalt.

Irma von Troll-Borostyáni wehrt sich in ihren sozialpolitischen und belletristischen Texten gegen geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen, die für die bürgerliche Frau nur den Part der Ehefrau und Mutter vorsehen. Sie lehnt das traditionelle Familienmodell und die rechtliche Ungleichheit zwischen den Ehegatten ab. Diese Ideale suchte sie in ihrem Leben ebenso zu verwirklichen wie in ihrer Literatur zu entwerfen. Denn sie ist überzeugt, dass nur die wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit der Frauen und die unbedingte Lösbarkeit der Ehe eine gleichberechtigte Partnerschaft ermöglichen. Erst dann würde die Ehe endlich das, was sie eigentlich sein soll und fast niemals ist: ein Liebesbund.

Das bürgerliche Frauenbild fand seinen Niederschlag im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1811, das die öffentlich-rechtliche Kompetenz von Frauen beschränkte und bis zur Familienrechtsreform in den 1970er Jahren gültig war. Der Mann war das „Haupt der Familie“, musste für den Unterhalt der Ehefrau sorgen und sie in allen rechtlichen Angelegenheiten vertreten. Vor der Einführung der Zivilehe 1938 gab es im katholischen Raum keine Scheidungen. Nur in Ausnahmefällen war eine, von der Kirche genehmigte, Trennung von „Tisch und Bett“ möglich.

  

>>> zur Hauptseite: Ungehalten – Irma von Troll-Borostyani (1847–1912).

  

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