Lotte Ranft – Farbe und Volumen
Lotte Ranft, vor 75 Jahren in Berlin geboren, kam über Umwege zur Kunst. In einer kunstsinnigen Familie in Innsbruck aufgewachsen, die mit bekannten Malern wie Nikodem, Weber-Tyrol und Kühn eng befreundet war, entschied sie sich trotzdem für das technische Studium Maschinenbau in Wien. Diese Kenntnisse kamen ihr später bei der Umsetzung von bildhauerischen Projekten zugute. Der Zugang über den konstruktiven und technischen Werkprozess ist darüber hinaus generell für ihre Arbeit bezeichnend, so sehr Farbe, Form, Volumen und Ausdruck auch im Vordergrund stehen.
Lotte Ranft lebte zunächst als Arztgattin im Kurhaus Dr. Thaler in Bad Gastein, ehe sie Ende der 1960er-Jahre in der bildenden Kunst Fuß fasste. Für die junge Witwe bot sich während ihres Diplomstudiums (Abschluss 1976) die Gelegenheit, an einem Salzburger Gymnasium sowie an der Hochschule Mozarteum zu unterrichten. Seit 1991 ist sie gänzlich freischaffend, betreibt eine Werkstattgalerie im Stadtteil Nonntal und hat – zum Teil gemeinsam mit ihrem zweiten Mann, Juwelier Volker Ranft – an die 100 Ausstellungen bestritten.
Bekannt ist die Künstlerin vor allem durch Bronzeplastiken wie den Radfahrer (1992) am Makartsteg, die Daphne (1987) in der Naturwissenschaftlichen Fakultät und das Tassilo-Denkmal (2001) vor Stift Mattsee geworden. Ihr monumentalstes Werk steht an prominenter Stelle in Hamburg. Sie betätigte sich aber von Anfang an in mehreren Sparten, wobei in den ersten Jahren vor allem Aquarell und Radierung, später immer mehr die großformatige Acrylmalerei dem Bildhauerischen an die Seite traten. Ihr Vokabular entwickelte Lotte Ranft aus maßgeblichen Positionen der klassischen Moderne.
Die Bildhauerin
Lotte Ranft wollte immer der schwergewichtigen, statuarischen Auffassung, die in der Bildhauerei fast unweigerlich vorherrscht, etwas Lebendigeres, Beweglicheres entgegensetzen, das sich auch mit Witz und Heiterkeit verträgt. Das kann bis zum zirkushaften Balanceakt, zu akrobatischer Biegsamkeit gehen. Das Blockhafte und Kantige hat bei ihr demzufolge nichts verloren: Eine betont weibliche Formen- und Körpersprache gibt den Ton an. Rundungen, Formenrhythmen und Allsichtigkeit bestimmen den Eindruck und animieren das meist reichlich vorhandene Volumen zum Schweben.
Ihre wichtigste Anregung fand die Künstlerin in der minoischen Formenwelt, aber auch bei einem Klassiker wie Brancusi oder einem Lehrmeister wie Wander Bertoni. Oft wird dem Betrachter die dunkle, verschlossene Oberfläche der Bronzeplastiken durch eine aufwändige Hochglanzpolitur geöffnet – so bei der eigens für diese Ausstellung geschaffenen großen Galene.
Die Malerin
In den 1980er-Jahren trat Lotte Ranft vor allem als Aquarellistin in Erscheinung. Das damals in Blüte stehende „Salzburger Aquarell“ mit seiner zarten Nuancierungskunst war bei ihr in besonders sensiblen Händen. Umso kraftvoller und bunter nehmen sich die seit ca. 1990 entstehenden Acrylgemälde aus. Ranft entwickelte einen persönlichen Stil, der zwischen Ornamentalität und Ausdruckskraft vermittelt, sich einer magischen Zeichensprache nähert.
Farbvorstellungen bilden stets den Ausgangspunkt für Gemälde oder einen ganzen Zyklus, wobei die Thematik um existenzielle Befindlichkeiten – zumeist in weiblicher Gestalt – kreist. Die Farbflächen gehen nicht ineinander über, sondern werden fast montageartig miteinander verschränkt. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten stammen ausschließlich aus der letzten Schaffensphase.
Auch in der Druckgrafik vollzog Ranft den Schritt vom Filigranen zu lapidarer Signifikanz. Im Technischen gelangte sie zur Carborundum-Radierung, die eine fast plastische Oberflächengestaltung ermöglicht.
Salzburg Museum | Neue Residenz | Säulenhalle
29. Juni bis 1. September 2013