Die archäologischen Grabungen des BDA
Im Vorfeld der von der Stadt Salzburg angedachten Neugestaltung des Residenzplatzes führte das Bundesdenkmalamt in den Jahren 2007 und 2008 archäologische Grabungen in der geschotterten Kernzone durch. Ausgehend von den baulichen Vorgaben, aber auch aus denkmalpflegerischen Aspekten, beschränkten sich die Untersuchungen weitgehend auf eine Tiefe von 1,0 m. Der weitere, seit römischer Zeit durch kontinuierliche Siedlungsaktivität gewachsene Schichtenaufbau blieb unberührt. Trotz dieser geringen Eingriffstiefe gelang die Aufdeckung einer ungeahnten Fülle an Befunden aus unterschiedlichen Epochen, die das Wissen zur Geschichte der Stadt Salzburg ganz erheblich erweitern. "Ich hoffe", so Dr. Peter Höglinger, Archäologe des Bundesdenkmalamtes, "dass diese Ausstellung auf ein ebenso großes Publikumsinteresse stoßen wird, wie schon die Grabungen selbst tagtäglich entlang des Bauzauns oder bei kleinen Führungen."
Der ehemalige Domfriedhof
Ausgehend von der Nordfront des schon in den 1950/60er Jahren erschlossenen spätromanischen Domes erstreckte sich der zugehörige Friedhof mit einer Vielzahl an Bestattungen. Die Ausdehnung dieses ehemals größten innerstädtischen Begräbnisplatzes reichte nach Norden und Osten deutlich über die in historischen Ansichten nachweisbaren Grenzen hinaus. Üblicherweise wurden die Verstorbenen - entsprechend christlicher Tradition - mit Rosenkränzen, Paternostern oder Trachtbestandteilen aus Metall bestattet. Die Grabstätte eines älteren Mannes hebt sich von dieser Sitte insofern ab, als ihm Degen und Sporen ins Grab mitgegeben worden waren. Die im Untersuchungsbereich gefundenen Skelette wurden dokumentiert, geborgen, einer Untersuchung unterzogen und mittlerweile auf dem Kommunalfriedhof wieder bestattet. Bruchstücke von Grabsteinen fanden sich mehrfach genutzt als Baumaterial für Gebäude und Wasserleitungen des 16. Jahrhunderts. Anhand von Wappendarstellungen oder Namensnennungen konnten einzelne Salzburger Familien zugewiesen werden. Allerdings wurde der Bestand des Domfriedhofs durch zahlreiche moderne Leitungstrassen ebenso nachhaltig gestört, wie durch die Errichtung eines Seitenstranges des Almkanals - der wohl der Wasserversorgung des Residenzbrunnens diente - oder durch den Bau eines Verbindungsganges zwischen Neuer und Alter Residenz 1592 durch Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Die Pfeilerfundamente dieses mächtigen Bauwerks durchschlugen ohne Rücksicht römische Baureste bzw. Gräber und Skelette des Domfriedhofs. Aufgrund der Ausgrabungen konnten nun erstmals der Verlauf dieses Verbindungsgangs und die Anbindung in Richtung Alte Residenz erschlossen werden.
Johanneskapelle
Ebenfalls erstmals gesichert erschlossen werden konnte der Grundriss der Johanneskapelle. Die Errichtung dieser zweigeschossigen Eigenkirche der Salzburger Erzbischöfe wird um 1120 urkundlich erwähnt. Anhand des Grabungsbefundes ist die Situierung der "Hofkapelle" nun endlich eindeutig ablesbar, weiters zeichneten sich auch mehrere Umbauphasen während der Nutzungszeit des Gebäudes ab. Vom qualitätvollen Bauschmuck des 12. Jahrhunderts zeugen unter anderem je ein Kapitell und eine Basis von Halbsäulen aus Marmor. Das Fußfragment einer überlebensgroßen Sandsteinfigur mag vielleicht ebenfalls zur Kirchenausstattung gehört haben. Die rege (kirchliche) Bautätigkeit späterer Epochen, die Nutzung als Friedhof und letztlich auch die markanten Veränderungen während der Barockzeit dürften die frühmittelalterlichen Befunde, die eigentlich angesichts der Bedeutung Salzburgs als religiöses Zentrum zwingend zu erwarten wären, weitestgehend zerstört haben.
Zahlreiche Fundstücke
Umso erfreulicher war die Entdeckung mehrerer qualitätvoller Fundstücke, die einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis dieser in Salzburg bislang nur recht spärlich im Fundmaterial vertretenen Zeitphase leisten. Zu nennen sind etwa zwei Silberdenare der Münzstätte Regensburg aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, insgesamt sieben Scheibenfibeln des 10./11. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Herstellungstechniken, Motivik und Ausführungsstandards sowie eine feuervergoldete Spaltriemenzunge aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts und mehrere awarische Gürtelbeschläge.
Aber der Residenzplatz lag nicht nur im Herzen der mittelalterlichen und barocken Stadt, sondern auch in der Kernzone des römischen municipium Iuvavum. Während in der südlichen Platzhälfte - bedingt durch die unterschiedlichen Nutzungsaktivitäten jüngerer Zeitphasen - nur geringe Reste der römischen Bebauung zutage kamen, zeigte sich in der nördlichen Platzhälfte ein gänzlich anderes Bild: Die erhaltenen Mauerkronen römischer Gebäude reichten oftmals bis knapp unter die heutige Oberfläche. Die römische Verbauung gruppiert sich hier beidseits eines annähernd Ost-West verlaufenden Straßenzuges (Breite ca. 5 m), der sich über eine Strecke von rund 60 m verfolgen ließ. Es handelt sich um Wohn- und Gewerbebauten, deren Nutzungszeit jedenfalls bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts reicht. Interessant sind die zahlreichen Hinweise auf lokal ansässige Produktion von Metallgegenständen wie Fibeln und Pferdegeschirrteilen, die durch Bleimodelle, Halbfabrikate und Fehlgüsse entsprechender Stücke bis hin zu den Fertigprodukten gut fassbar wird. Das umfangreiche Fundspektrum mit insgesamt mehr als 2.300 römischen Münzen, vielen bislang einzigartigen Fibelformen, Schmuck- und Trachtbestandteilen unterschiedlichster Formgebung u. a. m. vermittelt aber auch allgemein die Vorstellung einer prosperierenden römischen Stadt.
Sensationsfund: Weihealtar mit Inschrift des Flussgottes "Iuvavus"
Als "Prunkstück" der Grabungen ist sicherlich ein römischer Weihealtar an die Gottheiten Jupiter und Iuvavus zu bezeichnen, der auf den beiden Schmalseiten die Darstellung des Adlers mit Lorbeerkranz im Schnabel bzw. des Blitzbündels als Insignien des höchsten Staatsgottes trägt. Seine Größe, die Qualität der Ausführung, insbesondere aber die erstmalige Nennung der namengebenden Stadtgottheit in der Inschrift machen diesen Fund zu einem der herausragenden Exemplare seiner Art und Zeitstellung.
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