„Zur Krippe her kommet …“ Weihnachtskrippen aus Stadt und Land Salzburg
Die Ausstellung präsentiert vorwiegend Krippen aus der Sammlung des Salzburg Museum. Interessante Neuzugänge und mehrere Leihgaben aus Privatbesitz ergänzen die Schau, die heuer besonderen Bezug auf die Einbindung der Krippe in die Landschaft nimmt. Die Auswahl an Exponaten bietet dem Betrachter die Möglichkeit, die Entwicklung der Krippenlandschaft von der Zeit um 1700 bis in das Jahr 2013 zu verfolgen.
In frühen Krippenwerken dominiert die Figur die Szenerie. Der Darstellung von Raum, von Landschaft wird kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts beginnen sich Berge aus Felsen, Wurzelwerk und Moos in den Krippenkästen aufzutürmen. Oft wird diese Landschaft dann zu einem architektonischen Aufbau abstrahiert und zeigt Stufen, Etagen und Balustraden. Ab dem 19. Jahrhundert entstehen die großen Schaukrippen, in denen die orientalische Landschaft dominiert, bevor sie von heimischen Motiven immer mehr verdrängt wird.
So wechseln sich in den heimischen Krippen mächtige Salzburger Gebirgspanoramen mit städtischen Häuserzeilen, dem Mönchsberg als einem der auffallendsten Stadtberge Salzburgs oder den Arkaden des Petersfriedhofs in den dargestellten Szenerien ab.
Über den jeweilig herrschenden Zeitgeist hinaus liegt es stets im Streben jedes Krippenbauers und -künstlers, das Geschehen der Geburt Jesu in einen Lebensraum zu transferieren, der ihm nahe liegt. Verlegte Franz de Paula Hitzl das Geschehen in eine orientalische Fantasielandschaft, so spielte sich dieses bei Alexander Schläffer oder Hanns Rabitsch in der Gebirgswelt des Pinzgaus und Pongaus ab. Die Ordensbrüder Pius Hochreiter und Philipp Bock verewigten ihre unmittelbare Umgebung – die Arkaden des Petersfriedhofs bzw. das Kapuzinerkloster – als Krippenberg.
Die Künstlerkrippe hingegen negiert gerne den Hintergrund. Sie sucht ihren Ausdruck nicht in einer bunten, gefälligen Schaukrippe, sondern in den Figuren selbst. Eingebunden in Symbole des Glaubens sind sie bei Vinzenz Schreiner. Natur in der allgemeinsten Art ist ihr Hintergrund bei anderen Künstlern: biedermeierlich umgesetzt bei Ursula Schweiger, ins Märchenhaft-Fantastische verfremdet bei Alice Cermak. Bei Luise Spannring erinnert der Berg mit einer Burg darauf an die Festung Hohensalzburg, ohne realistisch wiedergegeben zu sein. Und Gertrude Weinberger abstrahiert die Landschaft zu einem Lichttempel in duftiger Architektur.
Winterbilder
Das „klassische“ Salzburg-Bild, wie es seit dem späten 18. Jahrhundert von den Landschaftsmalern der Romantik und des Biedermeier geprägt wurde, zeigt die Stadt bei prachtvollem Wetter, womit aber kein realer Sommer gemeint ist, sondern ein zeitloser Idealzustand. Da der Winter mit wenig angenehmen Empfindungen behaftet war und den Blick auf eine harmonische Szenerie eher trübte, blieben winterliche Ansichten die Ausnahme. Das gleichförmige Weiß, das die freundlichsten Aspekte der Natur zudeckt und das farbliche Erscheinungsbild reduziert, war gerade auf einer Stadtvedute nicht erwünscht. Ein nahe liegender Grund ist auch, dass die Maler auf ihren Studienreisen nur im Sommer unterwegs waren.
Erst die Freilichtmalerei, die sich während der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr durchsetzte, räumte auch anderen Jahreszeiten einen höheren Stellenwert ein. Die atmosphärische Einkleidung wurde nun mindestens so wichtig wie das Motiv. Auch abgedroschenen Stadtmotiven ließen sich durch eine erlesene Stimmungsnuance wieder neue Reize abgewinnen. Die winterliche Natur bringt außerdem eine „natürliche“ Verfremdung mit sich, die einer modernen abstrahierenden Sichtweise entgegenkommt. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts konnte die ursprünglich von der Natur selbst bewirkte Stilisierung immer eigenwilligere Formen annehmen.
Das älteste Beispiel unserer gezeigten Auswahl, das die Stadt im weißen Gewand zeigt, ist eine Ansicht des jungen Hubert Sattler, an der wir beobachten können, dass mit dem Schnee unwillkürlich eine märchenhafte Note ins Spiel kommt. Als Sattler Jahrzehnte später ein großformatiges Kosmorama seiner Heimatstadt schuf, hat er sich offensichtlich für die zentrale Stadtsilhouette dieser alten Vorlage bedient, lediglich den Vordergrund „aktualisiert“ und auch diesen behutsam „angezuckert“.
Die Auffassung „en plein air“ lässt sich zunächst – wie bei Josef Mayburger – in Ölskizzen nachvollziehen. Um die Jahrhundertwende schuf der Maler Julius Ullmann ganz unmittelbar erfasste Salzburg-Ansichten, die alle Kriterien des Stimmungsimpressionismus erfüllen. Diese spontane Eindruckskunst steigerte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einer expressiven Niederschrift, wie etwa bei Anton Steinhart. Sein Zeitgenosse Georg Jung betont hingegen den unwirklichen Charakter einer Winterszenerie. Ab den fünfziger Jahren schenkten die Salzburger Maler ihrer „schönen Stadt“ wieder erhöhte Aufmerksamkeit, oft unter Aufwendung von ästhetischem Raffinement. Unter dem Etikett einer liebevoll poetisierenden oder vorsätzlich naiven Malweise erfreuten sich auch winterliche Ansichten großer Beliebtheit.
Panorama Museum | Residenzplatz 9
29. November 2013 bis 12. Jänner 2014