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Fanny von Lehnert und Salzburg
Im Mai 1912 annullierte Fanny von Lehnert die notarielle Verfügung, in der sie festgelegt hatte, dass ihre Sammlung dem Museum ihrer Heimatstadt Olmütz zufallen solle und setzte das Salzburger Museum Carolino Augusteum als neuen Erben ein. Als Begründung führt sie an, dass Olmütz keine Fremdenstadt wie Salzburg sei. Das von tausenden Touristen besuchte Salzburg, das sie sehr liebte, wäre der bessere Ort, wo sie ihre Sammlung gerne in einem Haus, unter ihrem Namen vereint, ausgestellt sähe.
Ein guter Freund der Sammlerin, k. k. Major Gustav Edler von Pelikan, ein mit dem Salzburger Museum eng verbundener Mann, hatte an dieser Entscheidung maßgeblich mitgewirkt. Der Verwaltungsrat des Museums, der den herausragenden und bis dahin einzigartigen Stellenwert dieses Vermächtnisses erkannte, ernannte den Major wegen seiner Vermittlungen zum Museums-Mandatar.
Mit der Benennung einer Straße nordwestlich des Bahnhofs nach Fanny von Lehnert drückte der Gemeinderat der Stadt Salzburg bereits im Jänner 1913 seinen Dank für die umfassende Schenkung aus.
Die Sammlung
Im 19. Jahrhundert wurde das Bürgertum auf zahlreichen Gebieten zur treibenden Kraft. Auf kultureller Ebene suchte es die Auseinandersetzung mit Musik, Literatur und bildender Kunst. Die ästhetischen Ansprüche dieser neuen, aufsteigenden Gesellschaftsschicht waren auf den Einzelnen, seine Vorlieben und Gefühle, gerichtet.
Das kleinformatige Kunstwerk avancierte zum typischen Sammelstück der Epoche, die Feinheit des Dekors wurde zum bestimmenden Qualitätsmerkmal. Diese Eigenschaften charakterisieren auch die Sammlung Fanny von Lehnerts: sie setzt sich aus vorwiegend klein- und mittelformatigen Gemälden mit üppigen, vergoldeten Rahmen sowie kunstgewerblichen Gegenständen der unterschiedlichsten Gattungen zusammen. Die meisten dieser Objekte dienten wohl zur Demonstration eines guten Geschmacks, zur Ausschmückung der Wohnungen, von denen Fanny von Lehnert mehrere besaß, oder dem eigenen privaten Gebrauch.
Leider existieren keine Anhaltspunkte darüber, ob Fanny von Lehnert eine bereits bestehende Sammlung der Familie übernommen oder eine neue angelegt hat. Auch die Motivation für ihre Sammeltätigkeit, die Herkunft der meisten Objekte und die Art ihrer Aufbewahrung oder Präsentation bleiben ungewiss.
Die Gemälde
Seit dem Biedermeier griff das bisher höfischen Kreisen vorbehaltene Sammeln auf das gehobene Bürgertum über. In Wien orientierten sich die neuen Sammler bevorzugt an der Malerei der Wiener Schule, die sich durch ihren Detailrealismus auszeichnete und stark von rührseligen, süßlichen und moralisierenden Neigungen geprägt war. Dabei trieb das florierende Ausstellungswesen die Spezialisierung der Maler auf Genres voran.
Die Gemäldesammlung Fanny von Lehnerts, bestehend aus einer breiten Themenpalette vom ländlich Idyllischen bis zum Schlachtenbild in meist üppigen, vergoldeten Rahmen im Stil des Zweiten Rokoko, ist ein typisches Beispiel für die Kultur des Sammelns im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Auch bei einem relativ bescheidenen Umfang lässt sich die Bestrebung erkennen, „von allem“ etwas besitzen zu wollen.
Der Sonntagsspaziergang des Münchener Malers Carl Spitzweg fügt sich in diese Nachbarschaft reibungslos ein – ein Bild, das heute aufgrund der umwerfend komischen Art, mit der es den kleinbürgerlichen Lebensstil karikiert, an Bekanntheit alle anderen weit überragt.
Die kunstgewerblichen Objekte
Fanny von Lehnert sammelte Gegenstände in faszinierender Vielfalt: von Biedermeiergläsern, Silbergefäßen, Handtäschchen, Fächern über Schmuck bis zu geistlichen Gewändern des 18. und 19. Jahrhunderts. An ihnen lassen sich die Vorlieben der Sammlerin ablesen, vor allem dann, wenn von einer Gattung gleich mehrere Exemplare vorliegen.
Fanny von Lehnert schenkte dem Museum bereits zu Lebzeiten zahlreiche Textilien, deren Stickereien und gewebte Ornamente eine Herkunft aus dem slawischen und orientalischen Raum verraten. Vermutlich waren es Mitbringsel von Reisen, auf denen die Sammlerin ihren Gemahl, den Konteradmiral Joseph von Lehnert, begleitete.
Dass es sich bei den Gegenständen des Nachlasses, der wohl Anfang 1931 nach Salzburg kam, um ausgesuchte Stücke handelt, beweisen die Kürzel SM oder MS, mit denen sie gekennzeichnet sind. Diese stammen höchstwahrscheinlich von einem Fachmann des Salzburger Museums, der den Bestand in Wien aufgenommen hat. Fanny von Lehnert war es sehr wichtig gewesen, dass dem Museum kein „Trödel“, sondern nur Objekte von historischem oder kunsthistorischem Wert zukommen sollten.
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