Gedichte von Johanna Maria Sedelmaier

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Zerstörung Juvaviens

  

Ueber die Fluren der Bojer drang in fliegenden Märschen
Zornentglühet der Feind; Attila, Fürst der Barbar’n.
Götter und Tempel schonte er nicht, kein zitterndes Alter,
Nicht das lächelnde Kind, nicht das flehende Weib.
Feuer und Schwert sind seine Begleiter, und rauchende Städte,
Jammerndes Elend ringsum folgen den Tritten der Wuth;
Denn aus Gallien ward er mit großem Verluste getrieben,
Seine Horde schon nah jedem juvavischen Thor’,
Welche schwere Riegel verschlossen. Die Kohorten
Standen im Lager bereit. Der Harusper weissagt
In des Legaten Prätorium das Verderben der Pflanzstadt.
Das fortgestossene Blut des geopferten Stiers
War schwarz, und verletzet die Lunge, fleckigt die Leber,
Auf dem flammenden Herd brannten die Rohstücke nicht.
Aber in Schlachtordnung standen schon die rüst’gen Tironen
In die Manipel getheilt, und in dem Glanze der Sonn
Funkeln die Legionsadler, Ehrwürd’ge Veteranen
Stehen entflammet zum Kampf. In den schimmernden Reihn
Schwebten die Purpur=Vexillen der Turmen, schäumten die Rosse.
In Juvavia bleicht jegliches Antlitz die Angst.
Nun begann das Grauen der tobenden Schlacht. Es erhebt sich
Krieg’risches Männergeschrei, und das schmetternde Horn
Und der Tuben Schall drang in die Lüfte, und die Gebirge
Gaben den Wiederhall dreimal schaudernd zurück.
Muthiger Angriff allenthalben mit Pfeilen und Speeren,
Schwertern und schnellem Geschoß. Menschen sinken dahin

Wie das herbstliche Laub; oder wie von den Sicheln die Gräser.
Vor der Penaten Altar lagen mit kranzlosem Haupt
Händeringend die zagenden Frauen, und opferten ihnen.
Die Verzweiflung der Braut netzet den bräutlichen Flor.
Hymenäen erschollen dumpf wie Todengesänge.
Doch Kronion beschloß von dem Antlitz der Erd’
Schwinde Juvavia; denn es wichen die tapferen Römer,
Und das wilde Gebrüll kündet den schrecklichen Sieg.
Der Legat rieß verzweifelnd aus der Hand des Primipil
Jetzo den göttlichen Aaar, warf ihn in Mitte der Feind’.
Ha, da stürzten die Krieger den Todesgöttern sich weihend
In das feindliche Heer, jeder Schwertstreich bringt Tod.
Die Gefild tüncht rauchendes Blut, es tränket die Erde,
Und die prächtige Stadt flammt von der Brandpfeile Wurf.
Tempel stürzten und Feuersäulen stiegen empor von
Den Basilicas; Rauch füllte die Gassen und Glut.
Ach, ihr Mauern einst von den Römerhänden verherrlicht,
Hört jetzt der Mütter Gekreisch, höret das Aechzen der Greis’!
Wachen liegen erschlagen, erbrochen sind schon die Thore;
Ueberall starrende Spieß’, Schwerter zum Morde bereit.
Sehet dort schleppen sie Götter, heilige Opfergefässe;
Da ein blühendes Weib ihrem Könige zu!
Es begleitete Siegesgesang das Geprassel der Flammen,
Und der Sterbenden Weh, und der Verzweiflung Geheul.
Aber Attila zog dann über Bisontias Alpen,
Und den verloschenen Glanz zeigt die Geschichte uns nur.

   

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Am 4. September 1842. Dem Tage der feierlichen Enthüllung des Standbildes Mozarts.

Tief aus der Erde Finsternissen
Hervor an’s Licht des Tag’s gerissen,
Ward aus geheimnißvoller Nacht
Die Tochter Hadrians erwacht.
Doch andere Gestalten
Sieht sie entfalten,
Ein fremdes Leben um sich walten –
Das ist nicht ihr Juvavia!
Wie aber? rauschet nicht des Stroms Najade
Noch an’s bekannte, freundliche Gestade –
Steh’n nicht die ew’gen Berge da?
Und weiter wird sie fortgezogen
Von dem Gedränge, von den Menschenwogen –
Und in dem brausenden Gewimmel – hört sie recht?
O, welche Stimmen! welche Töne!
Sind dieß Germanen, Deutschlands Söhne?
Dieß rauhe, himmelstürmende Geschlecht,
Das in uralten Eichenforsten
Sie sonst geseh’n,
Wie kühne, trotz’ge Adler horsten. –
Die dunkle Nacht, sie wechselt mit dem Tage,
Die Sonn’ muss auf = und untergeh’n;
So wechselnd sinkt und steigt der Völker Wage,
Im ew’gen Cirkelgange muß die Welt besteh’n.
Doch still! Es scheint, daß hier die Kunst auch wohne;
Denn prächtig in der Lüfte Blau
Hebt sich der Tempel hoher Wunderbau –
Und heimisch lächelt ihr die Sonne!
Sie fühlt verwandte Geister und sich weh’n,
Und da sie ihre Blicke kehrt und wendet,
Sieht sie erstaunet und geblendet
Ein Götterbild vor ihren Augen steh’n!

Sie sieht den Lorbeerkranz, die Leier winken,
Und will, von schöner Ahnung voll,
Begeistert zu des Bildes Füssen sinken,
Und ruft entzückt: Die Zeichen kenn’ ich wohl –
Das ist ein Liebling des Apoll!
Es ist sein Sohn!
Antwortet unsichtbar der Muse sanfter Ton –
Du selbst hast ihn geboren.
Ihm hat sein Genius, die göttliche Natur,
Dieß schöne Thal, die paradiesesgleiche Flur,
Zu seiner Wiege auserkoren.
Er ist der Glückliche, und du bist die Beglückte;
Wo der Bekränzte steht, da ist ein Heiligthum.
Dein Erbe ist des großen Todten Ruhm,
Weil er in deinem Arm das Licht zuerst erblickte!
Musik ist Göttersprache! Oben in den Sphären,
Wo sich die reinste Harmonie enthüllt,
Muß in ein funkelnd Sternenbild
Die gold’ne Leier Orpheus sich verklären.
Auf! Jubelt ihm, dem großen Meister,
Der kühn nachahmend diese Sprache spricht,
Die jedes Herz versteht, die alle Geister
Mit ihrem Zauberton umflicht.
Ihn kennt der Newa Strom, die stolze Seine,
Der Po, der durch die Hesperidengärten fließt,
Und von der Themse Flut bis zu dem deutschen Rheine
Wird er mit Freudenruf begrüßt.
Und wer die Götter fühlt im Großen und im Schönen,
Der eile her, der ist es werth,
Heut’ unsers Mozart’s Bild zu krönen,
Ihn, den das horchende Europa ehrt.

 

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