Paracelsus - Sein Leben und Wirken
Herkunft
Es ist nit meines lands art/ daß man etwas mit seidespinnen erlange. Wir werden nit mit feigen erzogen/ nit mit meth/ auch nit mit waizenbrot/ aber mit käse milch und haberbrot. | Es ist nicht meines Landes Art, dass man etwas mit Seidenspinnen erlange. Wir werden nicht mit Feigen erzogen, nicht mit Met, auch nicht mit Weizenbrot, aber mit Käse, Milch und Haferbrot. |
(2774 Petter, 1, 1)
Paracelsus stammte aus der Ehe des Wilhelm, eines illegitimen Sprosses der Bombaste von Hohenheim, mit einer Leibeigenen des Abtes von Einsiedeln, die Wesener oder Grätzer genannt wurde. Neben der Teufelsbrücke nahe Einsiedeln in der Schweiz soll sich sein Geburtshaus befunden haben.
Nach mittelalterlichem Recht erbte Paracelsus den niedrigen Status seiner Mutter. Der Wahlspruch Alterius non sit, qui suus esse potest – Keiner sei einem anderen hörig, der sein eigener Herr sein kann veranschaulicht seine Einstellung zu diesem Thema. Kindheit und Jugend verbrachte er in Einsiedeln und Villach. Vater Wilhelm, von Beruf Arzt, vermittelte ihm das Interesse an der Medizin. Seine geistlichen Lehrer verhalfen ihm zu gediegenen humanistischen und theologischen Grundkenntnissen.
Das sogenannte Bildnis des Vaters wurde erst nachträglich mit dem Wappen der Bombaste von Hohenheim versehen. Wir wissen daher nicht, wen es darstellt. Es galt längere Zeit als das Hochzeitsbild des Vaters von Paracelsus.
Lehrmeister Natur
Was ist das nit gifft ist? All ding seind gifft und nichts ohn gifft. | Was macht etwas zum Nicht-Gift? Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift. Allein die Dosis macht aus, ob ein Ding ungiftig ist. |
(2774 Petter, 4, 5)
Paracelsus absolvierte sein Medizinstudium in Ferrara. Er wurde als Luther der Medizin bezeichnet, weil er auf Deutsch publizierte und auch erstmals eine Vorlesung an der Universität Basel in seiner Muttersprache hielt. Sie hatte Geschwüre, offene Wunden und andere Gewächse am Leib, woher ihr Ursprung, was ihr Wesen, ihre Form, Zeichen und Endung, samt wahrhaftiger Kur derselben zum Thema.
Paracelsus erwarb sein Wissen nicht nur aus antiken und mittelalterlichen Lehrbüchern. Er studierte die Natur und die Krankheiten direkt am Menschen, trat für natürliche Arzneimittel ein und lehnte überkommene Buchweisheiten ab, wodurch er in Streit mit seinen Kollegen geriet. Er war auch offen für das Wissen und die Heilmittel der Bader, interessierte sich für die Volksmedizin und verhielt sich damit nicht standeskonform.
Anecken
Warheit träget hass ein. | Wahrheit bringt Hass ein. |
(2774 Petter, 5, 4)
Ein Sprachfehler machte es Paracelsus schwer, in den damals beliebten öffentlichen Disputationen seine Meinung zu verteidigen. Daher griff er häufig zum Mittel der schriftlichen Antwort. Aus seinen theologischen Schriften geht hervor, dass er auch Diskussionen in Wirtshäusern, Badstuben und an anderen öffentlichen Plätzen besuchte.
Mit der Verbrennung von Büchern antiker Mediziner erregte er den Zorn der Baseler Kollegen und des Magistrats; er musste die Stadt verlassen. In Salzburg nahmen neben wenigen Ärzten hauptsächlich Bader und Wundärzte, Hebammen und weise Frauen die medizinische Versorgung wahr.
Wandern – Salzburg
Gibt wandern nit mehr verstand/ | Gibt nicht Wandern mehr Verstand als hinter dem Ofen zu sitzen. |
(2774 Petter, 6, 6)
Aufgrund seiner niedrigen Abstammung und seiner wissenschaftlichen Neugier wechselte Paracelsus oftmals seinen Aufenthaltsort. Unrast und Wanderlust scheinen ihm aber auch eigen gewesen sein. In seinen Wirkungsstätten hielt er sich meist nur einigen Monate, höchstens wenige Jahre auf. Paracelsus’ Kontakte mit Salzburg sind nicht ganz zufällig, bereits einer seiner Lehrer, der Gurker Weihbischof Nikolaus Kaps, zog 1505 nach Salzburg.
Sicher wissen wir von zwei längeren Aufenthalten des Arztes Paracelsus in Salzburg. Beim ersten verließ er die Stadt fluchtartig – wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Aufstand der Bauern, Knappen und Bürger gegen Erzbischof Matthäus Lang 1524/25. Damals ließen Freunde ein Inventar seines zurückgelassenen Eigentums anfertigen. Zu seinen Salzburger Freunden zählten neben angesehenen Bürgern wie der landesfürstliche Beamte Michael Setznagel und die Bader des Rapplbades in der Pfeifergasse auch der Barbier Meister Andrä Wendel und der Knecht des Rapplbades Ruprecht Strobl.
Bei seinem zweiten Salzburg-Aufenthalt im Jahr 1541 verstarb Paracelsus im 48. Lebensjahr, drei Tage nachdem er im Gasthaus zum weißen Ross in der Kaigasse (heute Nr. 8) sein Testament gemacht hatte. In diesem legte er den St. Sebastiansfriedhof als seine letzte Ruhestätte fest. Sein Freund Setznagel gab einen Marmorgrabstein in Auftrag.
Bücher über Religion, Astrologie, Bäder und Medizin
Man lästert und schreit zwar von mir ich sei nit | Man lästert und schreit zwar von mir, ich sei nicht zur rechten Tür zu den Geheimnissen der Kunst [der Medizin] gekommen. Allein, welche ist die richtige: Galenus, Avicenna, Mesue, Rhases oder die offene Natur? Ich glaube die Letztere. Durch diese Tür ging ich. Das Licht der Natur und kein Apothekerlämplein leuchtete mir auf meinem Weg. |
(2774 Petter, 1, 4)
Die kranken sollen des artztens bücher sein. | Die Kranken sollen des Arztes Bücher sein. |
(2774 Petter, 2, 3)
Wie es ihm gelang, trotz der vielen Reisen eine reiche literarische Tätigkeit zu entfalten, ist uns heute rätselhaft, erklärt aber seine Art zu schreiben. Seine in deutscher Sprache erschienenen Texte sind von einer gewissen Derbheit, Direktheit und von volkstümlichen Sprachausdrücken durchdrungen.
In seinen medizinischen Werken führte er eine Reihe neuer Begriffe ins lateinische und deutsche Fachvokabular ein. Der Name Paracelsus verweist auf das im Spätmittelalter bekannte Werk des römischen Medizinschriftstellers Aulus Cornelius Celsus (um 25 v. Chr. bis um 50 n. Chr.), über das Paracelsus „hinausgehen“ wollte. Celsus hatte viele griechische Fachausdrücke ins Lateinische übersetzt. Paracelsus lehnte besonders die Viersäftelehre (Blut, Schleim, schwarze Galle und gelbe Galle) der antiken Alexandrinischen Schule ab.
Paracelsus schrieb nicht nur über Medizin und Arzneimittel, sondern auch über Theologie, Vorhersagen, Astrologie und philosophische Themen. Er verfasste mehr als 200 Schriften, zu seinen Lebzeiten erschienen aber nur zwölf astronomisch-prognostische Schriften und vier medizinische Bücher, nämlich: Vom Ursprung und Herkommen der Franzosen sampt der Rezepten Heilung 8 Bücher (1529), Paragranum (1530), Opus Paramirum (1531) und Große Wundartzney (1536). Sein Werk wurde erst 1589/91 von Johann Huser zum Teil herausgegeben.
Nachleben
Er [Paracelsus] lebte wie ein Schwein, sah aus wie ein Fuhrmann,
fand sein größtes Vergnügen im Umgang des liederlichsten und niedrigsten Pöbels
und war die meiste Zeit seines Lebens besoffen.
Auch scheinen alle seine Schriften im Rausch geschrieben zu sein.
J. G. Zimmermann, 1763
Paracelsus war schon zu seinen Lebzeiten umstritten, wurde aber auch verehrt. Die akademische Medizin lehnte in ab, weil er die antiken Autoren gering schätzte. Die Aufklärer des 18. Jahrhunderts sahen in ihm meist einen Scharlatan.
Paracelsus gilt heute als Begründer der pharmazeutischen Chemie und Vorreiter der Bäderkunde. Aber auch Alternativmediziner bedienen sich immer wieder aus dem reichen Fundus seiner Schriften. Die eigentliche wissenschaftliche Paracelsus-Forschung begann erst im 20. Jahrhundert mit der Herausgabe seiner medizinisch-naturwissenschaftlichen Schriften durch Karl Sudhoff.
In Salzburg hält die 1951 gegründete Internationale Paracelsus Gesellschaft die Erinnerung an den berühmten Arzt wach. Die Medizinische Privatuniversität Salzburg trägt ebenfalls seinen Namen.
Grabmal als Sehenswürdigkeit
Hab kain acht meines elends du leser/ las mich mein ibel selbsten tragen. Ich hab zwei gebrechen an mir/ mein armut und mein frommhait. Die armut wurd mir vorgeworfen durch ein burgermeister/ der etwa zu innspruck die doctores hatte gesehn in seidne klaider an denen fürsten-höfen/ nit in zerissene lumpen an der sunn braten – Der frummhait richt mich der prediger und pfarrherr aus/ diweilen ich kain zutütler der Venus bin/ auch mit nichten jenige lobe/ die da lehren so sie selbsten nit thun. | Achte nicht meines Elends, Leser, lass mich mein Übel selbst tragen. Ich habe zwei Gebrechen an mir, meine Armut und meine Frömmigheit. Die Armut wurde mir von einem Bürgermeister vorgeworfen, der zu Innsbruck die Doctores hat gesehen in seidenen Kleidern an den Fürstenhöfen, nicht [wie mich] in zerissenen Lumpen an der Sonne braten. – Die Frommigheit hielt mir der Prediger und Pfarrherr vor, weil ich kein Schmeichler der Venus [Freund der Frauen] bin, auch nicht jene lobe, die lehren, was sie selbst nicht tun. |
(2774 Petter, 2, 2)
Das Grab auf dem St. Sebastiansfriedhof an der Linzer Gasse entwickelte sich zu einer bekannten Sehenswürdigkeit in Salzburg, obwohl Paracelsus heute im Schatten von bekannteren Persönlichkeiten wie Wolfgang Amadeus Mozart oder Johann Michael Haydn steht.